Willi Weitzel – wir wollen’s wissen:

Hand aufs Herz: Wer kennt noch Willi Weitzel aus der Fernsehsendung „Willi wills wissen“? Am 12.07.2022 fand im Rahmen des Projekts Media & Me der Landesmedienanstalt Saarland und des MedienNetzwerk SaarLorLux e.V. ein einstündiger Webtalk mit Willi Weitzel statt. Kurz gesagt geht es in diesem Projekt darum, jungen Menschen alles rund um das Thema Journalismus und Medienkompetenz nahezubringen. Während des Webtalks per Zoom durften von den Teilnehmern alle Fragen zum Thema Kinderfernsehen im Allgemeinen und zu Weitzels Werdegang gestellt werden. Im Folgenden haben wir einmal die wichtigsten Informationen für euch festgehalten:

 


 

Wie findet man kindgerechte Themen und was benötigt man, um diese zu vermitteln?

Für Willi Weitzel, der mit seiner Sendung „Willi wills wissen“ seit 2001 Kindern auf der ganzen Welt den Alltag erklärt, beginnt die Suche nach kindgerechten Themen mit den „ABC-Themen“. Gemeint sind typische Interessen, die viele automatisch mit Kindern verbinden: Feuerwehr, Krankenwagen, Pferde, Müllabfuhr und Polizei. Er betont, wie wichtig es ist, an bereits Bekanntem anzuknüpfen und die Kinder anschließend erst in neues Terrain zu führen. Dabei dürfe man nicht den Wissenshorizont der Kinder aus den Augen verlieren. Da viele Kinder unterschiedlichen Alters seine Sendungen schauen, sollte man einen Mittelweg finden, um den Inhalt jedem Kind klar und gleichzeitig interessant zu vermitteln. Damit dies gelingt, sind einige Eigenschaften besonders hilfreich. Dazu zählen laut Weitzel Offenheit und Authentizität. Als weiteren wichtigen Aspekt nennt Weitzel auch, dass man aus dem Bauch heraus lachen können muss. „Manchmal passiert es“, so Weitzel, „dass Kinder mich im echten Leben sehen und sich wundern, wie groß ich eigentlich bin. Viele stellen sich vor, dass ich - ich sag’ jetzt mal - einer von ihnen bin.“

 

Wie geht man mit Zwischenfällen beim Dreh um?

Weitzel erinnert sich an einen Film über Obdachlosigkeit, in dem er eine Nacht im Park gemeinsam mit fünf bis sechs Obdachlosen verbrachte. Plötzlich kamen Schläger und Willi Weitzel wurde von einem Baseballschläger im Gesicht getroffen. Erst habe er gar nicht realisiert, was da passierte, obwohl er vor dieser Nacht schon gewusst habe, dass das Leben auf der Straße brutal sein kann. Seiner Vermutung nach gebe es keinen Obdachlosen da draußen, der noch nicht überfallen wurde oder dem so etwas noch nicht passiert sei.

„Solche Sachen helfen natürlich, die Situation besser zu verstehen“, meint Weitzel und gerade das Verstehen sei wichtig, um anderen Dinge zu erklären. Trotzdem versuche man so einen extremen Fall zu vermeiden, aber das gehe nicht immer und gehöre dazu.

 

Wie fühlt sich ein Shitstorm an, und wie hast du darauf reagiert?

Weitzel erzählt von Clips aus alten Folgen, die völlig zusammenhangslos veröffentlicht worden seien und in denen gezeigt wurde, wie sich Weitzel mit Kindern im Rollstuhl unterhielt. Dadurch entstandene Missverständnisse verbreiteten sich unter anderem durch einen Rapper und seine gesamte Community im ganzen Internet. Es bildete sich ein Shitstorm, auf den Witzel erst durch eine Fanmail aufmerksam wurde. Erstaunlicherweise habe sich der Fan aber der Mehrheit angeschlossen und machte klar, dass er Weitzels Umgang mit behinderten Kindern ebenfalls nicht in Ordnung fände. Daraufhin habe Weitzel die Welt nicht mehr verstanden. „Meine Reaktion war: Hä?“ Er hat sich dann das ganze Drama angesehen und war ratlos, wie er darauf reagieren sollte und unternahm schließlich nichts. Willi wills wissen-Fans bildeten dann aber eine Art Gegenbewegung und verteidigten „ihren“ Willi. „Vom Buh-Mann zum Ehrenmann“, berichtet Willi Weitzel.

 

Wie arrangiert man sich mit der Bekanntheit als Person des öffentlichen Lebens?

Manchmal verlasse einen tatsächlich schon mal der Mut, sich selbst so dem öffentlichen Leben ausgesetzt zu sehen. Wichtig sei, dass man sich nicht selbst zum Thema mache, sondern dass das Thema zum Thema gemacht werden müsse.

Zu Beginn fand Willi Weitzel es ganz fantastisch, wenn die Menschen ihn erkannt haben. Mit der Zeit habe die Popularität aber zugenommen und dann überlege man sich schon, ob man nicht doch eine Mütze oder eine Sonnenbrille anzieht. Man sei verunsichert und es sei schließlich niemand da, der einem sagt, wie man vorgehen soll. „Ich habe angefangen, Leuten einfach auch zu sagen: ‚Ich kann jetzt gerade nicht.‘, wenn ich einfach keine Zeit hatte. Danach habe ich mich dann aber immer geärgert, dass ich so reagiert habe, wenn man mich angesprochen hat und mir Gedanken darüber gemacht, wie mich die Leute dann sehen oder ob sie traurig sind, weil ich sie abgewimmelt habe.“

Nachdem Weitzel selbst mal seinen Lieblingsschauspieler getroffen und ihm ein Kompliment gemacht hat, habe der Schauspieler geantwortet: „Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“ Darüber hat er sich sehr gefreut und erst später gemerkt, dass er ihn eigentlich völlig hat abblitzen lassen. Weitzel war beeindruckt, wie höflich der Schauspieler ihn indirekt weggeschickt hatte und macht es seitdem sehr ähnlich. Es sei für ihn eine Mischung aus Wertschätzung und Höflichkeit.

 

War da schon immer der Wunsch vor der Kamera zu stehen?

Ursprünglich habe er sich nicht direkt für das Kinderfernsehen interessiert. Er landete schließlich erst einmal beim Kinderradio und studierte vier Semester lang Theologie, allerdings nicht fertig. Er schrieb eine Diplomarbeit über die Teletubbies und KIKA, die er persönlich bei KIKA vorbeibrachte und dann ein Praktikum in Erfurt bekam. Zeitgleich gab es ein Casting in München, wo er der Einzige war, der hinging. Von Anfang an habe es da funktioniert und man begann, „Willi wills wissen“ zu drehen. Weitzel beurteilt seinen Weg keinesfalls als durchgeplant, da er lange nicht wusste, was er mit seinem Leben eigentlich genau machen will.

 

Wie sind deine Eindrücke aus der Ukraine? Fehlen dir Informationen in der Berichterstattung für Kinder?

Im Zusammenhang mit den Sternsingern reiste Willi Weitzel 2021 in der Ukraine. Die Frage, wie seine Eindrücke dort waren und ob ihm derzeit Informationen in der Berichterstattung für Kinder fehlen würden, bringt Weitzel kurz zum Nachdenken.

Viele Kinder wüchsen bei ihren Großeltern auf, da die Eltern oft nach Polen oder Tschechien gehen würden, damit sie mehr Geld verdienen und nach Hause schicken konnten. Mit Blick auf die Kindernachrichtensendung logo, verneint Weitzel allerdings die Frage, ob etwas in der Berichterstattung für Kinder fehle. Er findet eher, dass schon zu viel gemacht und erklärt wird. Kinder nehmen die Nachrichten unterschiedlich auf und daher müssen die Eltern ihren Kindern individuell angepasst die Dinge erklären. Auch abgeschwächte Bilder machen Kindern schnell Angst und hinterlassen Spuren. Man müsse den Kindern mehr die Chancen zeigen und nicht das, was nicht funktioniert. Wenn Kinder nur mit Ängsten aufwüchsen, würden sie nie ihr „Potenzial entfalten können“.

 

Die aktuellen Projekte Weitzels und wie er sich für den sicheren Umgang mit dem Internet einsetzt:

Weitzel hat ein Kinderbuch geschrieben, das demnächst veröffentlicht werden soll. Es fehlen nur noch die Illustrationen. Darin soll es um den Krieg gehen. Außerdem macht er seit vier Jahren das Programm „Willi macht Schule“, das nur in Schulen ausgestrahlt wird und sich genau am Lehrplan orientiert. In diesem Programm wurde bereits das Thema ‚Fake News‘ angesprochen, wo er sich konkret mit Expertenmeinungen auseinandersetzt.

 

Jule von Thenen, Q1